Erbengemeinschaft
Auch die Miterben erben das Vermögen des Erblassers als Ganzes und zwar im Wege der Gesamterbfolge. Dieses bedeutet, dass jeder einzelne Nachlassgegenstand den Erben mit dem Erbfall gemeinschaftlich zusteht. Die Miterben erben zur gesamten Hand.
Der Gegensatz zu der genannten Gesamterbfolge ist die Sondererbfolge. Diese ist der gesetzliche Ausnahmefall und kommt daher nur bei besonderer Anordnung in Betracht:
- nach der Höfeordnung,
- kraft Heimstättenrechts,
- in die Beteiligung des persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder einer KG,
- in das Mietverhältnis (§§ 563 ff. BGB),
- in Ansprüche auf Sozialleistungen.
Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. Dabei ist jeder Miterbe den anderen Miterben gegenüber verpflichtet, bei der ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken. Zur Erhaltung des Nachlasses notwendige Maßnahmen kann ein Miterbe auch allein treffen (§ 2038 Abs. 1 BGB).
Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten
Mit dem Übergang des Vermögens vom Erblasser auf den Erben gehen auch die Schulden und die Verbindlichkeiten des Erblassers auf den Erben über.
Bis zur Annahme der Erbschaft haftet der Erbe nicht. Nach Annahme der Erbschaft während dreier Monate oder bis zur Beendigung des amtlichen Gläubigeraufgebotes (§§ 2014, 2015 BGB) wird nur bis zur Sicherung der Vollstreckung des Gläubigers (§ 782 ZPO) gehaftet. Im Falle der Miterbengemeinschaft haftet zunächst diese und nicht der einzelne Erbe mit seinem Vermögen. Die Haftung des einzelnen Erben mit seinem Erbenvermögen
tritt erst nach Teilung des Nachlasses ein.
Die Erbenhaftung kann gegenüber allen Nachlassgläubigern endgültig auf den Nachlass beschränkt werden durch:
- die Anordnung der Nachlassverwaltung oder
- die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens.
Die vorläufige beschränkte Haftung des Erben gegenüber allen Nachlassgläubigern tritt in bestimmten Fällen schon mit dem Erbfall ein, ohne dass der Erbe etwas tun muss. Diese beschränkte Erbenhaftung ist vom Erben durch Erhebung der Einrede geltend zu machen. Dazu gehören:
- die Dreimonatseinrede des § 2014 BGB,
- die Aufgebotseinrede gemäß § 2015 BGB,
- die Teilungseinrede des Miterben gemäß § 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB,
- die Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB und
- die Einrede der Überschwerung gemäß 1992 BGB.
Die gegenüber einzelnen Gläubigern endgültig beschränkte Haftung kann der Erbe durch das Aufgebotsverfahren gemäß §§ 1970 ff. BGB herbeiführen.
Es gilt dann Folgendes:
- Die Gläubiger, die im Rahmen des Aufgebots ihre Forderung nicht angemeldet haben, sind ausgeschlossen.
- Das Gleiche gilt für diejenigen Gläubiger, die ihre Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall geltend machen.
Der Erbe, der aus Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommen wird, muss sich im Wege der Einrede die Beschränkbarkeit seiner Haftung im Urteil vorbehalten lassen (§ 780 ZPO). Unterlässt er dieses, so haftet er dem klagenden Gläubiger endgültig unbeschränkt. Aber auch bei einem solchen Vorbehalt kann der Gläubiger in das gesamte Vermögen des Erben, in den Nachlass wie in das Eigenvermögen, vollstrecken (§ 781 ZPO). Der Erbe muss seinerseits die Beschränkung durch die Nachlassverwaltung oder Insolvenzverwaltung herbeiführen und kann erst dann wegen der Nachlassabsonderung die Vollstreckung in sein Vermögen im Wege der Klage rückgängig machen (§§ 784, 785 ZPO).
Rechte des Erben
Das Vermögen des Erblassers geht mit seinem Tod im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder der Universalsukzession auf den oder die Erben über. Der Erbe wird mit dem Erbfall an Stelle des Erblassers Eigentümer beweglicher und unbeweglicher Sachen, Inhaber schuldrechtlicher Forderungen und Wertpapiere usw.. Der Erbe tritt mit dem Erbfall in diejenigen Rechtspositionen des Erblassers ein, die noch im Werden begriffen sind. Schließlich geht auch der Besitz mit dem Eintritt des Erbfalls auf den Erben über.
Erb- und Pflichtteilsverzicht
Der Erbverzicht soll mit seiner unmittelbaren rechtsändernden, erbrechtlichen Wirkung schon vor dem Erbfall künftigen Erben, insbesondere den Kindern,
die Möglichkeit geben, im Einverständnis mit dem Erblasser künftige Pflichtteilsberechtigte oder Vermächtnisnehmer gegen eine Abfindung vor dem Erbfall auszuscheiden oder bei Beschränkung des Verzichts auf einen Bruchteil der Erbschaft oder des Erbteils frühere Zuwendungen auch dort auszugleichen oder anzurechnen, wo das Gesetz dieses nicht vorsieht. Durch die Vereinbarung eines Erbverzichts scheidet der Verzichtende (Verwandter oder Ehegatte) lediglich aus der gesetzlichen Erbfolge aus, d.h. er kann ohne weiteres durch Verfügung von Todes wegen Erbe werden. Der Verzichtende wird so gestellt, als wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr leben würde. Aus diesem Grund entfällt auch sein Pflichtteilsrecht. Aus diesem gesetzlich gewollten Wegfall erhöhen sich folglich sowohl die Erbquoten der übrigen gesetzlichen Erben als auch die Pflichtteilsquoten. Diese Folge tritt nicht beim einfachen Pflichtteilsverzicht ein.
Durch einen Pflichtteilsverzicht ändert sich nichts am gesetzlichen Erbrecht. Der Erblasser behält seine vollständige Testierfähigkeit. Der Verzichtende und sein Stamm bleiben gesetzliche Erben. Im Unterschied zum Erbverzicht erhöhen sich die Pflichtteilsansprüche der anderen Pflichtteilsberechtigten nicht. Auf der anderen Seite schließt der nicht beschränkte Pflichtteilsverzicht alle Pflichtteilsansprüche des Verzichtenden aus.
Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit des Zuwendungsverzichts gemäß § 2352 BGB, mit dem auf testamentarische und erbvertragliche Zuwendungen verzichtet werden kann.
Für den Erb- und Pflichtteilsverzicht sowie auch für den Zuwendungsverzicht ist die notarielle Form vorgeschrieben.
Anfechtung von Annahme und Ausschlagung
Die Erklärungen der Annahme oder der Ausschlagung sind wegen Willensmängeln anfechtbar. Irrt der Erbe über den Berufungsgrund, so ist die Annahme unwirksam (§ 1949 Abs. 1 BGB). Seine Ausschlagung erstreckt sich im Zweifel nur auf die Berufungsgründe, die ihm bekannt sind (§ 1949 Abs. 2 BGB). In beiden Fällen bedarf es keiner Irrtumsanfechtung. Besondere Bedeutung hat der Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses. Nach herrschender Meinung ist die Überschuldung als Eigenschaft des Nachlasses sowohl anerkannt, wenn sie auf der Unkenntnis wesentlicher Aktiva, als auch wenn sie auf der Unkenntnis wesentlicher Schulden beruht. Bei einem Nachlass ist es als im Rechtsverkehr wesentlich anzusehen, ob und dass die Nachlassschulden durch vorhandene Werte gedeckt sind. Anfechtungsberechtigt ist der Erbe. Die Anfechtung ist gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären. Die Erklärung ist abzugeben zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form. Die Anfechtungsfrist beträgt sechs Wochen. Wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhielt, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Sie beginnt mit der Kenntnis von dem Anfechtungsgrund, für die Anfechtung wegen Drohung mit Wegfall der Zwangslage.
Ausschlagung der Erbschaft
Mit der Möglichkeit für den Erben, die Erbschaft auszuschlagen, soll vor allem ein Erbschaftserwerb verhindert werden, der sich wegen Überschuldung des Nachlasses nur als eine Last für den Erben darstellen würde. Daneben kann die Ausschlagung auch dazu dienen, die Erbschaft einem anderen zukommen zu lassen. Zur Ausschlagung ist jeder Erbe berechtigt, gleich ob er durch Gesetz, Testament oder Erbvertrag berufen wurde.
Die Dauer der Ausschlagungsfrist beträgt in der Regel sechs Wochen. Sie beträgt nur ausnahmsweise sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn der Erbe sich bei dem Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat.
Das Recht zur Ausschlagung entsteht mit dem Anfall der Erbschaft. Die Ausschlagungsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist allerdings nicht vor Verkündung der Verfügung zu laufen.
Die Ausschlagungserklärung erfolgt gegenüber dem örtlich zuständigen Nachlassgericht und muss diesem in der notwendigen Form zugehen. Die form- und fristgerecht erklärte Ausschlagung wirkt auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurück. Der Anfall der Erbschaft gilt dann als von Anfang an nicht erfolgt (§ 1953
Abs. 1 BGB).
Annahme der Erbschaft
Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist (§ 1943 BGB). Mit der Annahme der Erbschaft, spätestens jedoch mit dem Ablauf der Ausschlagungsfrist erwirbt der vorläufige Erbe die Erbschaft endgültig. Die Bedeutung der Annahme liegt darin, dass der vorläufige Erbe sein Ausschlagungsrecht schon vor Fristablauf verliert, wenn er die Annahme erklärt hat.
In der Praxis erfolgt die Annahme zumeist durch schlüssiges Verhalten. Ob und wann ein solches Verhalten einer Person als stillschweigende Annahme der Erbschaft anzusehen ist, kann stets nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Die Annahme gilt als nicht erfolgt, wenn der Erbe über den Berufungsgrund im Irrtum war.
Pflichtteilsergänzungsanspruch
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein selbständiger, außerordentlicher Pflichtteilsanspruch, der neben dem ordentlichen Pflichtteilsanspruch steht.
§§ 2325 ff. BGB schützen den Pflichtteilsberechtigten davor, dass der Erblasser den Nachlass durch Schenkungen unter Lebenden zum Nachteil des Pflichtteilsberechtigten vermindert.
Nach der Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 BGB sind Schenkungen nur dann ergänzungspflichtig, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes noch nicht verstrichen sind. Die Berechnung dieser Frist kann sich in vielen Fällen schwierig gestalten. Für den Fristbeginn ist allein der Zeitpunkt der objektiven Leistung des verschenkten Gegenstandes entscheidend. Für Schenkungen unter Ehegatten ist der Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Auflösung der Ehe verschoben.
Pflichtteilsrecht
Das Pflichtteilsrecht soll den nächsten Angehörigen des Erblassers einen Mindestanteil an dessen Nachlass sichern. Der Erblasser kann seinerseits im Rahmen seiner Testierfreiheit über seinen Tod hinaus frei über sein Vermögen verfügen. Andererseits bleibt das Vermögen des Erblassers seiner Familie in gewissem Umfang erhalten, soweit nicht ausnahmsweise Gründe für eine Pflichtteilsentziehung oder Pflichtteilsunwürdigkeit vorliegen.
Pflichtteilsberechtigt sind nur Abkömmlinge, der Ehegatte und die Eltern des Erblassers. Voraussetzung für die Entstehung eines Pflichtteilsrechts ist, dass der Pflichtteil des Berechtigten durch die Verfügung des Erblassers von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Ist der Berechtigte nicht gänzlich von der Erbfolge ausgeschlossen, aber nur zu einer geringeren Quote als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils eingesetzt, so hat er nach § 2305 BGB Anspruch auf den Zusatzpflichtteil.
Wird der Berechtigte mit einem Vermächtnis bedacht, besteht nur dann ein Pflichtteilsanspruch, wenn er das Vermächtnis ausschlägt, § 2307 BGB.
Wird in der letztwilligen Verfügung das Wort Enterbung verwendet, so bedeutet dies, dass ein gesetzlich Erbberechtigter durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Dies lässt nicht auf eine Pflichtteilsentziehung schließen, wenn in der Verfügung keine in § 2333 BGB genannten Gründe, die zur Pflichtteilsentziehung berechtigen, aufgeführt sind.
Die Pflichtteilsschuld trifft die Erben. Im Falle der Pflichtteilsergänzung kommt auch der Beschenkte als Schuldner in Betracht, soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist.
Der Pflichtteilsanspruch besteht gemäß § 2303 Abs. 1 BGB in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Er beinhaltet einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme. Zwei Faktoren bestimmen dabei die Höhe des Pflichtteilsanspruchs:
- der maßgebende Erbteil, § 2310 BGB und
- der Nachlassbestand und sein Wert (§§ 2311 bis 2314 BGB).
Ausgangspunkt für die Feststellung der maßgeblichen Pflichtteilsquote ist die fiktive gesetzliche Erbfolge.
§ 2314 BGB räumt dem Pflichtteilsberechtigten zur Klärung des Nachlassbestandes umfangreiche Ansprüche auf Auskunft und auf Feststellung des Wertes ein. Die Kosten für die Anspruchserfüllung nach § 2314 BGB fallen dem Nachlass zur Last. Zu den Kosten gehören alle Ausgaben für ein ordnungsgemäßes Verzeichnis, auch für eine amtliche Aufnahme. Ebenso gehen die Kosten eines Wertermittlungsgutachtens zu Lasten des Nachlasses.
Inhalte letztwilliger Verfügungen
Als Inhalte letztwilliger Verfügungen kommen in Betracht:
- die Erbeinsetzung,
- die Ersatzerbfolge,
- die Enterbung,
- die Vor- und Nacherbfolge,
- das Vermächtnis,
- die Auflage,
- Testamentsvollstreckung und
- Anordnungen für die Erbauseinandersetzung.
Besondere Arten von letztwilligen Verfügungen sind:
- das Behindertentestament,
- die Patientenverfügung und das Patiententestament;
in weiterem Sinne auch
- die Gesundheitsbetreuungsvollmacht,
- die Einwilligung zur Organspende,
- die Vormundbestimmungen für minderjährige Kinder.